Nutzhanf (Cannabis sativa L.)

Es ist ein Hanfblatt erkennbar, welches von einer Hand gehalten wird

Bild: Tobias Hase/StMELF

Nutzhanf, auch Kultur- oder Industriehanf genannt ist eine einjährige Pflanze aus der Familie der Hanfgewächse, zu denen unter anderem auch der Hopfen gehört. Die ursprünglich aus Zentralasien stammende Pflanze zählt zu den ältesten und vielseitigsten Nutzpflanzen der Menschheit und wurde deshalb in der Vergangenheit in fast allen europäischen Ländern kultiviert. Der ab dem 19. Jahrhundert an Bedeutung verlierende Nutzhanf erlebt momentan einen Aufschwung als wiederentdeckte Kulturpflanze. In Deutschland spiegelt sich das wiedererwachte Interesse an der vergleichsweise robusten Kultur durch stetig steigende Anbauflächen wider.

In der Vergangenheit wurde Nutzhanf insbesondere als Faserpflanze zu Herstellung von Textilien und Seilen verwendet. Heutzutage werden die Bastfasern und Schäben (die holzigen Teile) des Stängels zudem noch als Industriewerkstoff, in der Zellstoff- und Papierindustrie und als Baumaterial genutzt. Die ernährungsphysiologisch wertvollen Samen (geschält oder ungeschält, gepresst als Hanföl und Presskuchen bzw. Hanfmehl) werden hauptsächlich im Lebensmittel- und Futtermittelbereich vermarktet. Die Blüten und Blätter von Nutzhanf werden als Nahrungsergänzungs- und Lebensmittel sowie zu medizinischen Zwecken genutzt.

Aktuelle Informationen: Auswirkungen des Cannabisgesetzes (CanG) auf die Nutzhanfbranche

Am 01. April 2024 trat das Cannabisgesetz (CanG) (siehe Link) in Kraft. Dessen Ziele sind ein verbesserter Jugend- und Gesundheitsschutz und die Eindämmung des Schwarzmarktes. Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) werden zukünftig nicht mehr im Betäubungsmittelgesetz aufgeführt. Cannabis zu Genusszwecken wird durch den privaten Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen oder nichtgewerblichen Anbau zum Eigenkonsum durch Anbauvereinigungen ermöglicht.
Für die Beurteilung der Cannabis-Entkriminalisierung auf die Nutzhanfbranche ist eine Differenzierung zwischen einerseits Cannabis als Genussmittel oder zu medizinischen Zwecken und andererseits Nutzhanf unabdingbar. Im CanG geht es „nur“ um eine Änderung der bisherigen Drogenpolitik und nicht um Anpassungen, die die Nutzung von Hanf als Nachwachsenden Rohstoff oder Lebensmittel betreffen. Es sieht im Nutzhanfbereich keine Erleichterung der Vorgaben wie Anbauanzeige, Blühmeldung, Einreichung der originalen Saatgutetiketten und Abwarten der Erntefreigabe vor. Nutzhanf bleibt nach dem Kapitel 1 §1 Absatz 9 CanG, wie bisher im Betäubungsmittelgesetz, mit einem Grenzwert von maximal
0,3 % THC definiert. Zusätzlich soll der Verkauf von Rohstoffen aus Nutzhanf weiterhin strafbar bleiben, solange ein „Missbrauch zu Rauschzwecken“ nicht ausgeschlossen werden kann. Die Gesetzesänderung führt daher nicht zu erhofften Vereinfachungen im Nutzhanfanbau.

Der gesetzliche Rahmen im Nutzhanfanbau


Für den Nutzhanfanbau nach Kapitel 1 §1 Absatz 9 CanG gilt: Nutzhanf wird definiert als Pflanzen, Blüten und sonstige Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen, wenn „der Verkehr mit ihnen – ausgenommen der Anbau – ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen1 […], oder wenn sie von Unternehmen der Landwirtschaft2 angebaut werden […], und der Anbau ausschließlich aus zertifiziertem Saatgut von Hanfsorten erfolgt, die am 15. März des Anbaujahres im gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind und die […] in der jeweils geltenden Fassung durch die Europäische Kommission im Amtsblatt der Europäischen Union Reihe C veröffentlicht sind.“
Landwirte, die Nutzhanf anbauen möchten, müssen nach Kapitel 5 §32 CanG den Anbau bis zum 1. Juli des Anbaujahres der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) anzeigen. Erfolgt die Aussaat von Nutzhanf nach dem 1. Juli des Anbaujahres, sind die amtlichen Etiketten […] bis zum 1. September des Anbaujahres vorzulegen. Für die Anzeige ist das von der BLE herausgegebene amtliche Formblatt oder elektronische Formular (siehe Link) zu verwenden. Die erforderlichen Angaben umfassen Angaben zur Person bzw. dem landwirtschaftlichen Unternehmen, die von der Berufsgenossenschaft zugeteilte Mitglieds- oder Katasternummer, der Aussaatfläche mit Flächenidentifikationsnummer und die Sorte inklusiver amtlicher Saatgutetiketten, soweit diese nicht im Rahmen der Regelungen über die Direktzahlungen der zuständigen Landesbehörde vorgelegt worden sind.
Für die Anbausaison 2024 stehen entsprechend des gemeinsamen Sortenkatalogs für landwirtschaftliche Pflanzenarten der EU 107 Nutzhanfsorten zur Auswahl. Einige der neu gelisteten Sorten sind vielversprechend, allerdings gibt es häufig noch keine konkreten Erfahrungsberichte. Zudem sind viele der gelisteten Sorten in Deutschland nicht verfügbar. Das TFZ empfiehlt für eine reine Körnernutzung die Sorten Finola und Finola 2, hatte letztere bisher aber noch nicht im Anbau. Sowohl zur reinen Körnernutzung als auch für die Dualnutzung von Korn und Stroh oder Cannabidiol (CBD) und Stroh bieten sich die Sorten Earlina 8 FC, Uso-31, Henola, Felina 32 und Fedora 17 an. Für die Fasernutzung kommen beispielsweise die Sorten Fibror 79, Futura 75 und Santhica 70 in Frage.

1 Wenn „sie aus dem Anbau in Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut von Hanfsorten stammen, die am 15. März des Anbaujahres im gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind […], oder ihr Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,3 Prozent nicht übersteigt.“

2 Als Unternehmen der Landwirtschaft müssen die Voraussetzungen des § 1 Absatz 4 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte erfüllt sein (ausgenommen sind Unternehmen der Forstwirtschaft, des Garten- und Weinbaus, der Fischzucht, der Teichwirtschaft, der Imkerei, der Binnenfischerei und der Wanderschäferei) oder für eine Direktzahlung nach den Vorschriften über Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union in Betracht kommen.

Nutzhanf – ein Kurzportrait (Video)

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Nutzhanfanbau – Kulturführung und Tipps zum Mehrfachantrag (Video)

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Allgemeine Anbauhinweise Nutzhanf

Standortansprüche

  • Nutzhanf ist eine sehr widerstandsfähige Kultur und wächst unter fast allen Bedingungen; bevorzugt allerdings tiefgründige, humose Böden mit guter Wasserversorgung
  • pH-Wert zwischen 6 und 8
  • ungeeignet sind nährstoffarme, flachgründige Sandböden sowie schwere Tonböden und Pseudogleyböden mit hohem Risiko zur temporären oder dauerhaften Verdichtung und Staunässe [1] [2] [6]
  • es gilt wie in anderen Pflanzenproduktionssystemen: je günstiger die Bodeneigenschaften, desto höhere Erträge können erzielt werden [3]

Fruchtfolgestellung

  • Nutzhanf ist nur mit Hopfen verwandt und kann daher sehr flexibel in der Fruchtfolge eingebaut werden [2] [3]
  • guter Vorfruchtwert, da Hanf den Acker durch seine rasche Jugendentwicklung und hohe Biomasseproduktion nahezu unkrautfrei hinterlässt [2] [5]
  • lockert einseitig auf Winterungen basierende Fruchtfolgen auf
  • im Ökolandbau wird Hanf oft nach einer Leguminose und vor Weizen angebaut [4]

Aussaat

  • etwa ab Mitte April bei einer Bodentemperatur von 5 bis 10 °C [2]
  • Hanfkeimling ist gegen Spätfrost im Frühjahr bis zum Fünfblattstadium gegenüber Temperaturen von weniger als -5 °C empfindlich [3]

Saattiefe

  • 3 bis 4 cm
  • zu tiefe Ablage führt zu lückigem Feldaufgang; bei zu seichter Ablage besteht die Gefahr von Vogelfraß oder der Austrocknung des Saatkorns [2]

Pflege

  • bei richtiger Bestandsführung sind bei Nutzhanf keine chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich
  • für Nutzhanf sind in Deutschland bisher keine Pflanzenschutzmittel zugelassen
  • hinsichtlich der Unkrautregulierung ist es wichtig, dass dem Nutzhanf durch eine optimale Aussaat günstige Startbedingungen für eine rasche Jugendentwicklung bereitgestellt werden

Düngung

  • mineralische Düngung kann vor, zur oder nach der Aussaat erfolgen
  • organische Düngung sollte im Frühjahr vor Aussaat stattfinden [2]

Ernte

  • Beerntung darf erst begonnen werden, wenn Freigabeschein von BLE erhalten wurde oder die Kontrolle auf der Fläche tatsächlich durchgeführt wurde (für weiterführende Informationen siehe „Rechtliche Regelungen“)

Aufgrund des geringen Bewirtschaftungsaufwandes von Seiten des Landwirtes ist Nutzhanf als alternative Frucht in der Pflanzenproduktion sehr interessant. Beim Hanfanbau werden vier Nutzungsrichtungen unterschieden: Körner, CBD (CBD = Cannabidiol, also Ernte von Blüten und Blättern des oberen Pflanzendrittel), Faser sowie Dual (Körner und Fasern). In den unten folgenden Links sind Anbauhinweise der verschiedenen Nutzungsrichtungen sowie die rechtlichen Regelungen zusammengestellt.
Wegen der geringen Anbauerfahrung für die Nutzungsrichtung CBD-Hanf können dazu momentan noch keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden.

Publikationen

Wichtige Formulare der BLE und des StMELF und TFZ

Quellen

[1] BECKER, J. (1928): Handbuch des Hackfruchtbaues und Handelspflanzenbaues. Hackfrüchte und Handelspflanzen : auf praktisch-wissenschaftlicher Grundlage unter besonderer Berücksichtigung der Pflanzenzüchtung. Handbuch des Gesamten Pflanzenbaues einschließlich der Pflanzenzüchtung, Nr. 2. Berlin: Verlagsbuchhandlung Paul Parey, 506 Seiten

[2] BÓCSA, I.; KARUS, M. (1997): Der Hanfanbau. Botanik, Sorten, Anbau und Ernte. Heidelberg: C.F. Müller, 173 Seiten, ISBN 3-7880-7568-6

[3] BOULOC, P.; SERGE, A.; ARNAUD, L. (2013): Hemp. Industrial production and uses. Wallingford, Oxfordshire, UK: CABI, 313 Seiten, ISBN 978-1-84593-792-8

[4] DESANLIS, F.; CERRUTI, N.; WARNER, P. (2013): Hemp agronomics and cultivation. IN: BOULOC, P.; ALLEGRET, S.; ARNAUD, L. (HRSG.): Hemp: industrial production and uses. Wallingford, Oxfordshire, UK: CABI, S. 98–124, ISBN 978-1-84593-792-8

[5] LIU, XIAOBING, ET AL. (2012): Yield response of continuous soybean to one-season crop disturbance in a previous continuous soybean field in Northeast China. Field crops research, Jg. 138. Jg., S. 52–56

[6] ROEMER, T.; SCHEIBE, A.; SCHMIDT, A.; WOERMANN, E. (1953): Handbuch der Landwirtschaft 2. Berlin: Paul Parey, 775 Seiten

Häufig gestellte Fragen zum Nutzhanf (FAQ)

Welche Hanfsorten werden angebaut und wie unterscheiden sich diese?
Angebaut werden unter anderem:
• Körnerhanf: FINOLA, Earlina 8 FC, Henola, USO 31, Fedora 17, Ferimon
• CBD-Hanf: FINOLA
• Faserhanf: Futura 75, Santhica 20, Santhica 27, Fibror 79, Ferimon
Die gezüchteten Eigenschaften sind auf die Nutzungsrichtung ausgerichtet, wie z.B. Entwicklungsdauer/Tage bis Abreife und Erscheinungsbild (Wuchshöhe, Verzweigungsneigung, Geschlecht).
Während Faserhanfsorten eine hohe Wuchshöhe erreichen, werden Körner-hanfsorten gezielt kürzer gezüchtet, um die Bestände leichter dreschen zu können. Neben den Ertragserwartungen sind auch die Qualitätskriterien ent-scheidend. Für Körnerhanf sind die Inhaltsstoffe, wie z.B. Rohfett- und THC-Gehalt, und die Korngröße wichtig. Wird die CBD-Nutzung angestrebt ist der CBD-Gehalt und häufig auch der Gehalt weiterer Cannabinoide vorrangig. Für Faserhanf ist der Röststrohertrag, die Faserausbeute und die Faserqualität (Länge, Feinheit, Reißfestigkeit, Elastizität) von zentraler Bedeutung.
Für wen ist der Anbau von Nutzhanf interessant?
• Für Landwirte/Landwirtinnen, die gerne etwas Neues ausprobieren und sich nicht scheuen, ein höheres Risiko einzugehen als in den ihnen bekannten Kulturpflanzen und die sich selbst um die Vermarktung kümmern wollen
• Der Anbau erfordert häufig Geduld und eine gute Vorbereitung in Form von Informationsbeschaffung zur rechtlichen Situation und den möglichen Erntegutabnehmern
• Sowohl unter ökologischer als auch unter konventionelle Bewirtschaftung kann Nutzhanf sehr vielseitig in die Fruchtfolge eingegliedert werden
• Keine Behandlung mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln nötig
Welche Anbaubedingungen braucht Nutzhanf? Kann man ihn als "anspruchslose Kulturpflanze" bezeichnen?
Grundsätzlich ist Hanf eine anspruchslose Pflanze. Soll ein möglichst hoher Ertrag erzielt werden, sind wie in allen landwirtschaftlichen Kulturen gute Anbaubedingungen eine Grundvoraussetzung.
• Dazu zählen ein tiefgründiger, humoser, nährstoffreicher Boden ohne Verdichtungen und einer guten Wasserverfügbarkeit
• Hanf benötigt zur Aussaat einen warmen (idealerweise >10 °C), feuchten Boden, frei von Beikräutern und Verdichtungen
• In den ersten Wochen des Wachstums ist der Wasserbedarf besonders hoch, Trockenstress wirkt sich in dieser Zeit stark auf die Bestandsentwicklung aus
• Da gerade kurzstrohige Sorten (z.B. FINOLA) und wenig dicht gesäter Nutzhanf keine eigene Unkrautunterdrückung besitzen, sind optimale Startbedingungen von zentraler Bedeutung
Wie stellt man sicher, dass der THC-Gehalt in der Pflanze unter 0,3 % bleibt?
• Züchtung und nachfolgende Zulassung der Sorten (erst nach umfassender Prüfung) sorgen für die Einhaltung der Grenze
• Der Nachbau von Hanf ist streng verboten
• Bestände der Landwirte werden stichprobenartig auf ihren THC-Gehalt kontrolliert, um auch weiterhin die Einhaltung der THC-Grenze der jeweiligen Sorte sicherzustellen
Welche Regelungen gelten für den THC-Gehalt in Ernteprodukten? Wie kann man bei zu hohen Werten vorgehen?
Besonders in Ernteprodukten der Sorte FINOLA kommt es immer wieder zu hohen Gehalten an Delta-9-Tetrahydrocannbinol (∆9-THC). Dafür verantwortlich sind Verunreinigungen durch THC-reiches Pflanzenmaterial (Harze, Stäube) und die Übertragung auf die Körner.
Ab dem 01.01.2023 geltend auf Grundlage der VO (EU) 2022/1392 der Europäischen Kommission folgende THC-Grenzwerte:
• Hanfsamen, aus Hanfsamen gewonnene/verarbeitete Erzeugnisse 3,0 mg/kg
• Hanfsamenöl 7,5 mg/kg
Die Grenzwerte beschreiben die Summe aus ∆9-THC und der ∆9-THC-Säure, welche mit dem Faktor 0,877 multipliziert wird. Es gilt eine Messunsicherheit von 40 %.
Bei einer Überschreitung der Grenzwerte im Korn hat sich in der Praxis eine gründliche Reinigung (auch Bürsten und Polieren) oder das Schälen zur Reduzierung der THC-Gehalte etabliert.
Wie ist der typische Duft von Hanf zu beschreiben?
• Erdig, holzig, krautig, frisch, zitronig
• Der Duft wird von einigen Personen auch als drückend, stechend oder beißend beschrieben
• Er ist abhängig von den enthaltenen Terpenen und variiert zwischen den Sorten
Kann man Hanf als "Zukunftspflanze" bezeichnen?
Der Anbau von Nutzhanf bietet für die landwirtschaftliche Praxis als auch für die Umwelt einige Vorteile. Besonders die leichte Eingliederung in viele Frucht-folgen, die Einsparung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und gutem Vorfruchtwert bei gleichzeitig hoher Stickstoffaufnahme aus dem Boden, machen Nutzhanf für viele interessant. Zusätzliche können viele Teile der Pflanze sinnvoll weiterverarbeitet werden.
Genau dort liegt aktuell aber auch das Problem. Während die Vermarktung der Hanfkörner meist unproblematisch ist, ist die Weiterverarbeitung des Strohs, insbesondere Faserhanfstroh, in Süddeutschland sehr schwierig, da eine nachgelagerte regionale Verarbeitung aktuell noch nicht verfügbar ist. Dadurch ist der Anbau von Faserhanf für Landwirte ohne sichere Abnahme des Hanfstrohs nicht zu empfehlen.
Wer ist Abnehmer von den Ernteprodukten und wie wird Hanf weiterverarbeitet?
• Körnerhanf kann zu Hanfsamenöl weiterverarbeitet werden. Abnehmer der Körner sind z. B. Ölmühlen. Aus dem Presskuchen können Futtermittel, Hanfproteinpulver oder Hanfmehle hergestellt werden. Eine weitere Möglichkeit sind Lebensmittelproduzenten, die Hanfkörner für die verschiedensten Produkte (z. B. Müsliriegel, Schokolade, Aufstrich) verwenden. Auch eine Direktvermarktung ist denkbar. Weiter werden Hanfkörner, die nicht die für den Lebensmittelsektor geforderten Qualitäten ausweisen, als Futtermittel genutzt.
• Hanfblüten werden von Unternehmen, die die Cannabinoide (insbesondere CBD) extrahieren angenommen. Die Vermarktung von Nutzhanfblüten, sog. "CBD-Blüten" findet ebenfalls statt. Dabei wird oft falsch eingeschätzt, wann die Blüten unter das Betäubungsmittelgesetz fallen und somit nicht verkehrsfähig sind (Näheres dazu weiter unten).
• Faserstroh muss nach der Ernte auf dem Feld geröstet und im Anschluss aufbereitet werden, um die holzigen Schäben und die Fasern voneinander zu trennen. Beide werden separat für unterschiedliche Zwecke weiterverarbeitet. Aus den Schäben werden Baustoffe, Verpackungen oder Tiereinstreu produziert. Aus den Fasern entstehen z. B. Dämmmaterialien oder Textilprodukte. In Bayern gibt es aktuell kein Unternehmen, welches Hanfstroh aufschließt und so die Fasern von den Schäben trennen kann.
Was ist beim Anbau rechtlich von Seiten des Landwirts/der Landwirtin zu beachten?
Landwirtschaftliche Betriebe dürfen auf landwirtschaftlichen Flächen Nutzhanf anbauen. Es sind nur Sorten zulässig, die im gemeinsamen Sortenkatalog für Kulturpflanzen gelistet sind. Dieser wird jährlich bis zum 15. März veröffentlicht.
Der Anbau muss am zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) bis zum 15. Mai über den Mehrfachantrag und bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bis zum 01. Juli mittels Anbauanzeige gemeldet werden. Die originalen Saatgutetiketten sind einzureichen. Des Weiteren ist die Meldung des männlichen Blühbeginns bei der BLE erforderlich. Die Ernte darf erst erfolgen, wenn der Hanfbestand entweder im Rahmen der oben erwähnten Stichprobenkontrolle während der Blüte beprobt wurde oder von der BLE die Erntefreigabe erteilt wurde.
Weitere Informationen zum Thema inklusive verschiedener Merkblätter mit Schritt-für-Schritt-Anleitung, auch für den Mehrfachantrag, finden Sie unter www.tfz.bayern.de/rohstoffpflanzen/einjaehrigekulturen/236957/
Wie ist die rechtliche Situation in der Vermarktung? Dürfen Nutzhanfblü-ten verkauft werden? (Stand: Februar 2023)
Cannabidiol (CBD) fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und ist als Substanz grundsätzlich legal. Es wurde als "Novel Food" eingestuft.
Cannabis (inkl. aller Pflanzenteile) gilt nach der Position Cannabis in Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG als Betäubungsmittel. Allerdings gilt weiter unter b:
Ausgenommen sind Pflanzen und Pflanzenteile, "[…] wenn sie aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut von Sorten stammen […], [die im] gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind, oder ihr Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,2 Prozent nicht übersteigt und der Verkehr mit ihnen (ausgenommen der Anbau) ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen"
Da auch in Nutzhanf geringe Mengen an THC enthalten sind, können Pflanzenteile (z. B. auch CBD-Blüten) theoretisch zu missbräuchlichen Zwecken genutzt werden. Generell gelten Produkte als nicht verkehrsfähig, wenn sie auch in der nicht ursprünglich angedachten Konsumform einen berauschen-den Effekt haben können (z. B. Hanftee-Erzeugnis rauchen). Die Einschätzung, ob ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann oder nicht, liegt in der Zuständigkeit der Strafverfolgung.