Nutzhanf (Cannabis sativa L.)

Bild: Tobias Hase/StMELF
Nutzhanf, auch Kultur- oder Industriehanf genannt ist eine einjährige Pflanze aus der Familie der Hanfgewächse, zu denen unter anderem auch der Hopfen gehört. Die ursprünglich aus Zentralasien stammende Pflanze zählt zu den ältesten und vielseitigsten Nutzpflanzen der Menschheit und wurde deshalb in der Vergangenheit in fast allen europäischen Ländern kultiviert. Der ab dem 19. Jahrhundert an Bedeutung verlierende Nutzhanf erlebt momentan einen Aufschwung als wiederentdeckte Kulturpflanze. In Deutschland spiegelt sich das wiedererwachte Interesse an der vergleichsweise robusten Kultur durch stetig steigende Anbauflächen wider.
In der Vergangenheit wurde Nutzhanf insbesondere als Faserpflanze zu Herstellung von Textilien und Seilen verwendet. Heutzutage werden die Bastfasern und Schäben (die holzigen Teile) des Stängels zudem noch als Industriewerkstoff, in der Zellstoff- und Papierindustrie und als Baumaterial genutzt. Die ernährungsphysiologisch wertvollen Samen (geschält oder ungeschält, gepresst als Hanföl und Presskuchen bzw. Hanfmehl) werden hauptsächlich im Lebensmittel- und Futtermittelbereich vermarktet. Die Blüten und Blätter von Nutzhanf werden als Nahrungsergänzungs- und Lebensmittel sowie zu medizinischen Zwecken genutzt.
Weiter zum Projekt:
Aktuell: Nutzhanf – ein Kurzportrait (Video)
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Nutzhanfanbau – Kulturführung und Tipps zum Mehrfachantrag (Video)
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Allgemeine Anbauhinweise Nutzhanf
Standortansprüche
- Nutzhanf ist eine sehr widerstandsfähige Kultur und wächst unter fast allen Bedingungen; bevorzugt allerdings tiefgründige, humose Böden mit guter Wasserversorgung
- pH-Wert zwischen 6 und 8
- ungeeignet sind nährstoffarme, flachgründige Sandböden sowie schwere Tonböden und Pseudogleyböden mit hohem Risiko zur temporären oder dauerhaften Verdichtung und Staunässe [1] [2] [6]
- es gilt wie in anderen Pflanzenproduktionssystemen: je günstiger die Bodeneigenschaften, desto höhere Erträge können erzielt werden [3]
Fruchtfolgestellung
- Nutzhanf ist nur mit Hopfen verwandt und kann daher sehr flexibel in der Fruchtfolge eingebaut werden [2] [3]
- guter Vorfruchtwert, da Hanf den Acker durch seine rasche Jugendentwicklung und hohe Biomasseproduktion nahezu unkrautfrei hinterlässt [2] [5]
- lockert einseitig auf Winterungen basierende Fruchtfolgen auf
- im Ökolandbau wird Hanf oft nach einer Leguminose und vor Weizen angebaut [4]
Aussaat
- etwa ab Mitte April bei einer Bodentemperatur von 5 bis 10 °C [2]
- Hanfkeimling ist gegen Spätfrost im Frühjahr bis zum Fünfblattstadium gegenüber Temperaturen von weniger als -5 °C empfindlich [3]
Saattiefe
- 3 bis 4 cm
- zu tiefe Ablage führt zu lückigem Feldaufgang; bei zu seichter Ablage besteht die Gefahr von Vogelfraß oder der Austrocknung des Saatkorns [2]
Pflege
- bei richtiger Bestandsführung sind bei Nutzhanf keine chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich
- für Nutzhanf sind in Deutschland bisher keine Pflanzenschutzmittel zugelassen
- hinsichtlich der Unkrautregulierung ist es wichtig, dass dem Nutzhanf durch eine optimale Aussaat günstige Startbedingungen für eine rasche Jugendentwicklung bereitgestellt werden
Düngung
- mineralische Düngung kann vor, zur oder nach der Aussaat erfolgen
- organische Düngung sollte im Frühjahr vor Aussaat stattfinden [2]
Ernte
- Beerntung darf erst begonnen werden, wenn Freigabeschein von BLE erhalten wurde oder die Kontrolle auf der Fläche tatsächlich durchgeführt wurde (für weiterführende Informationen siehe „Rechtliche Regelungen“)
Aufgrund des geringen Bewirtschaftungsaufwandes von Seiten des Landwirtes ist Nutzhanf als alternative Frucht in der Pflanzenproduktion sehr interessant. Beim Hanfanbau werden vier Nutzungsrichtungen unterschieden: Körner, CBD (CBD = Cannabidiol, also Ernte von Blüten und Blättern des oberen Pflanzendrittel), Faser sowie Dual (Körner und Fasern). In den unten folgenden Links sind Anbauhinweise der verschiedenen Nutzungsrichtungen sowie die rechtlichen Regelungen zusammengestellt.
Wegen der geringen Anbauerfahrung für die Nutzungsrichtung CBD-Hanf können dazu momentan noch keine allgemeingültigen Aussagen getroffen werden.
Publikationen
- TFZ-Kompakt 18: Nutzhanf – das wiederentdeckte Multitalent
3,7 MB
- TFZ-Bericht 78: Verwertung und Anbauoptimierung von Hanf als Nachwachsender Rohstoff
18,9 MB
- TFZ-Bericht 78 (Kurzfassung): Verwertung und Anbauoptimierung von Hanf als Nachwachsender Rohstoff
1,7 MB
- TFZ-Merkblatt: Kontaktübersicht Nutzhanfanbau – Schwerpunkt Bayern
194 KB
- TFZ-Bericht 68: Hanf zur stofflichen Nutzung: Stand und Entwicklungen
20,6 MB
- TFZ-Bericht 68 (Kurzfassung): Hanf zur stofflichen Nutzung: Stand und Entwicklungen
1,4 MB
- TFZ-Merkblatt: Anbauhinweise Nutzhanf
239 KB
- TFZ-Merkblatt: Blühmeldung beim Nutzhanfanbau
4,2 MB
- TFZ-Merkblatt: Meldeverfahren Nutzhanfanbau
314 KB
Wichtige Formulare bereitgestellt durch BLE, StMELF und TFZ
Quellen
[1] BECKER, J. (1928): Handbuch des Hackfruchtbaues und Handelspflanzenbaues. Hackfrüchte und Handelspflanzen : auf praktisch-wissenschaftlicher Grundlage unter besonderer Berücksichtigung der Pflanzenzüchtung. Handbuch des Gesamten Pflanzenbaues einschließlich der Pflanzenzüchtung, Nr. 2. Berlin: Verlagsbuchhandlung Paul Parey, 506 Seiten
[2] BÓCSA, I.; KARUS, M. (1997): Der Hanfanbau. Botanik, Sorten, Anbau und Ernte. Heidelberg: C.F. Müller, 173 Seiten, ISBN 3-7880-7568-6
[3] BOULOC, P.; SERGE, A.; ARNAUD, L. (2013): Hemp. Industrial production and uses. Wallingford, Oxfordshire, UK: CABI, 313 Seiten, ISBN 978-1-84593-792-8
[4] DESANLIS, F.; CERRUTI, N.; WARNER, P. (2013): Hemp agronomics and cultivation. IN: BOULOC, P.; ALLEGRET, S.; ARNAUD, L. (HRSG.): Hemp: industrial production and uses. Wallingford, Oxfordshire, UK: CABI, S. 98–124, ISBN 978-1-84593-792-8
[5] LIU, XIAOBING, ET AL. (2012): Yield response of continuous soybean to one-season crop disturbance in a previous continuous soybean field in Northeast China. Field crops research, Jg. 138. Jg., S. 52–56
[6] ROEMER, T.; SCHEIBE, A.; SCHMIDT, A.; WOERMANN, E. (1953): Handbuch der Landwirtschaft 2. Berlin: Paul Parey, 775 Seiten
Häufig gestellte Fragen zum Nutzhanf (FAQ)
• Körnerhanf: FINOLA, Earlina 8 FC, Henola, USO 31, Fedora 17, Ferimon
• CBD-Hanf: FINOLA
• Faserhanf: Futura 75, Santhica 20, Santhica 27, Fibror 79, Ferimon
Die gezüchteten Eigenschaften sind auf die Nutzungsrichtung ausgerichtet, wie z.B. Entwicklungsdauer/Tage bis Abreife und Erscheinungsbild (Wuchshöhe, Verzweigungsneigung, Geschlecht).
Während Faserhanfsorten eine hohe Wuchshöhe erreichen, werden Körner-hanfsorten gezielt kürzer gezüchtet, um die Bestände leichter dreschen zu können. Neben den Ertragserwartungen sind auch die Qualitätskriterien ent-scheidend. Für Körnerhanf sind die Inhaltsstoffe, wie z.B. Rohfett- und THC-Gehalt, und die Korngröße wichtig. Wird die CBD-Nutzung angestrebt ist der CBD-Gehalt und häufig auch der Gehalt weiterer Cannabinoide vorrangig. Für Faserhanf ist der Röststrohertrag, die Faserausbeute und die Faserqualität (Länge, Feinheit, Reißfestigkeit, Elastizität) von zentraler Bedeutung.
• Der Anbau erfordert häufig Geduld und eine gute Vorbereitung in Form von Informationsbeschaffung zur rechtlichen Situation und den möglichen Erntegutabnehmern
• Sowohl unter ökologischer als auch unter konventionelle Bewirtschaftung kann Nutzhanf sehr vielseitig in die Fruchtfolge eingegliedert werden
• Keine Behandlung mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln nötig
• Dazu zählen ein tiefgründiger, humoser, nährstoffreicher Boden ohne Verdichtungen und einer guten Wasserverfügbarkeit
• Hanf benötigt zur Aussaat einen warmen (idealerweise >10 °C), feuchten Boden, frei von Beikräutern und Verdichtungen
• In den ersten Wochen des Wachstums ist der Wasserbedarf besonders hoch, Trockenstress wirkt sich in dieser Zeit stark auf die Bestandsentwicklung aus
• Da gerade kurzstrohige Sorten (z.B. FINOLA) und wenig dicht gesäter Nutzhanf keine eigene Unkrautunterdrückung besitzen, sind optimale Startbedingungen von zentraler Bedeutung
• Der Nachbau von Hanf ist streng verboten
• Bestände der Landwirte werden stichprobenartig auf ihren THC-Gehalt kontrolliert, um auch weiterhin die Einhaltung der THC-Grenze der jeweiligen Sorte sicherzustellen
Ab dem 01.01.2023 geltend auf Grundlage der VO (EU) 2022/1392 der Europäischen Kommission folgende THC-Grenzwerte:
• Hanfsamen, aus Hanfsamen gewonnene/verarbeitete Erzeugnisse 3,0 mg/kg
• Hanfsamenöl 7,5 mg/kg
Die Grenzwerte beschreiben die Summe aus ∆9-THC und der ∆9-THC-Säure, welche mit dem Faktor 0,877 multipliziert wird. Es gilt eine Messunsicherheit von 40 %.
Bei einer Überschreitung der Grenzwerte im Korn hat sich in der Praxis eine gründliche Reinigung (auch Bürsten und Polieren) oder das Schälen zur Reduzierung der THC-Gehalte etabliert.
• Der Duft wird von einigen Personen auch als drückend, stechend oder beißend beschrieben
• Er ist abhängig von den enthaltenen Terpenen und variiert zwischen den Sorten
Genau dort liegt aktuell aber auch das Problem. Während die Vermarktung der Hanfkörner meist unproblematisch ist, ist die Weiterverarbeitung des Strohs, insbesondere Faserhanfstroh, in Süddeutschland sehr schwierig, da eine nachgelagerte regionale Verarbeitung aktuell noch nicht verfügbar ist. Dadurch ist der Anbau von Faserhanf für Landwirte ohne sichere Abnahme des Hanfstrohs nicht zu empfehlen.
• Hanfblüten werden von Unternehmen, die die Cannabinoide (insbesondere CBD) extrahieren angenommen. Die Vermarktung von Nutzhanfblüten, sog. "CBD-Blüten" findet ebenfalls statt. Dabei wird oft falsch eingeschätzt, wann die Blüten unter das Betäubungsmittelgesetz fallen und somit nicht verkehrsfähig sind (Näheres dazu weiter unten).
• Faserstroh muss nach der Ernte auf dem Feld geröstet und im Anschluss aufbereitet werden, um die holzigen Schäben und die Fasern voneinander zu trennen. Beide werden separat für unterschiedliche Zwecke weiterverarbeitet. Aus den Schäben werden Baustoffe, Verpackungen oder Tiereinstreu produziert. Aus den Fasern entstehen z. B. Dämmmaterialien oder Textilprodukte. In Bayern gibt es aktuell kein Unternehmen, welches Hanfstroh aufschließt und so die Fasern von den Schäben trennen kann.
Der Anbau muss am zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) bis zum 15. Mai über den Mehrfachantrag und bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bis zum 01. Juli mittels Anbauanzeige gemeldet werden. Die originalen Saatgutetiketten sind einzureichen. Des Weiteren ist die Meldung des männlichen Blühbeginns bei der BLE erforderlich. Die Ernte darf erst erfolgen, wenn der Hanfbestand entweder im Rahmen der oben erwähnten Stichprobenkontrolle während der Blüte beprobt wurde oder von der BLE die Erntefreigabe erteilt wurde.
Weitere Informationen zum Thema inklusive verschiedener Merkblätter mit Schritt-für-Schritt-Anleitung, auch für den Mehrfachantrag, finden Sie unter www.tfz.bayern.de/rohstoffpflanzen/einjaehrigekulturen/236957/
Cannabis (inkl. aller Pflanzenteile) gilt nach der Position Cannabis in Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG als Betäubungsmittel. Allerdings gilt weiter unter b:
Ausgenommen sind Pflanzen und Pflanzenteile, "[…] wenn sie aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut von Sorten stammen […], [die im] gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten aufgeführt sind, oder ihr Gehalt an Tetrahydrocannabinol 0,2 Prozent nicht übersteigt und der Verkehr mit ihnen (ausgenommen der Anbau) ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen"
Da auch in Nutzhanf geringe Mengen an THC enthalten sind, können Pflanzenteile (z. B. auch CBD-Blüten) theoretisch zu missbräuchlichen Zwecken genutzt werden. Generell gelten Produkte als nicht verkehrsfähig, wenn sie auch in der nicht ursprünglich angedachten Konsumform einen berauschen-den Effekt haben können (z. B. Hanftee-Erzeugnis rauchen). Die Einschätzung, ob ein Missbrauch ausgeschlossen werden kann oder nicht, liegt in der Zuständigkeit der Strafverfolgung.