Forschungs- und Innovationsprojekt EigenKraftBayern
Eigenversorgung der bayerischen Landwirtschaft mit erneuerbarer Energie für den Einsatz in mobilen Maschinen

Das Projekt "EigenKraftBayern" befasst sich mit der Eigenversorgung der bayerischen Landwirtschaft mit erneuerbaren Energien (Kraftstoffen) für den Einsatz in mobilen Maschinen. Das Ziel besteht darin, Grundlagen zu schaffen und bereitzustellen, um fossile Brennstoffe (Dieselkraftstoff), zu substituieren, Treibhausgasemissionen zu reduzieren und die Eigenversorgung der Landwirtschaft mit Energie zu fördern.

Es zeigt, dass ein regionalisiertes Vorgehen zur Bestimmung des Dieselbedarfs, der alternativen Antriebsoptionen sowie zur Auswertung der THG-Emissionen und des Klimaschutzeffekts deutliche Vorteile in der Informationsgewinnung generiert, jedoch auch einen höheren Aufwand erfordert und die Ergebnisse anspruchsvoller in der Auswertung und Interpretation sind.

Im Ergebnisteil erfolgt eine Gegenüberstellung der aggregierten Ergebnisse eines bayernweiten Ansatzes mit denen des regionalisierten Ansatzes. Demonstriert wird, dass die regionalisierten Ergebnisse Verteilungsmuster, Limitationen, Verschiebungseffekte sowie spezifische Potenziale und Möglichkeiten identifizieren können. Dies ist insbesondere für den Praxistransfer wichtig und für eine effektive Umsetzung der Substitution unerlässlich.

Vorgehen im Projekt

1. Bedarfsanalyse
Die Bedarfsanalyse ist eine regionalisierte Berechnung der Kraftstoff- bzw. Energiebedarfe für mobile Maschinen in der Landwirtschaft (Außenwirtschaft) einschließlich der tierbezogenen Bedarfe. Die Ergebnisse sind jahres- und regionsspezifische Kraftstoffbedarfe der Landwirtschaft Bayerns. Die Bedarfsanalyse umfasst Auswertungen zur Arbeitsschwere (leichten bis schweren Arbeitsverfahren), um Antriebsoptionen zur Substitution zuordnen zu können.
2. Optionen
In diesem Arbeitsschritt erfolgte eine Zuordnung der ermittelten Energiebedarfe zu den Substitutionsoptionen. Mit Hilfe eines definierten Verteilungsschlüssels der Antriebsoptionen wurden die Substitutionsbedarfe der jeweiligen Antriebsoption berechnet.
3. Potenziale
Dieser Arbeitsschritt umfasst eine Analyse der Potenziale der Eigenversorgung der Landwirtschaft zur Bereitstellung von Antriebsenergien. Berücksichtigt werden nur solche Antriebsoptionen, die durch die Landwirtschaft selbst bzw. in einer landwirtschaftlichen Wertschöpfung bereitgestellt werden können. Hierzu gehören Strom sowie pflanzenöl- und biogasbasierte Kraftstoffe.
4. Soll/Ist
Der Soll/Ist-Vergleich stellt die energetischen Substitutionsbedarfe den Potenzialen zur Bereitstellung der Substitutionsoptionen gegenüber. Die Ergebnisse sind dimensionslose Zahlen, die den Substitutionsgrad angeben. Werte = 0 zeigen keine Substitution, Werte >0 - <1 zeigen eine teilweise mögliche Substitution und Werte ≥ 1 zeigen eine vollständige Substitution mit Überschuss (Substitutionsgrad >1) an.
5. Szenarien
Mit Szenarien wurden mögliche Entwicklungen erstellt, die die Eigenversorgung bzw. die Bereitstellung alternativer Energieträger verbessern sollen. Dies wurde beispielweise durch die Ausweitung der Potenziale (Ausweitung des Anbaus), die räumliche Umverteilung (Anpassung von Angebot und Nachfrage) oder die Optimierung der Zugangsmöglichkeiten (z.B. durch das Tankstellennetz) erreicht.
6. Effekte
Mit diesem Arbeitsschritt erfolgte die Abschätzung der Effekte der Substitution des fossilen Dieselkraftstoffs für den Status Quo und für die erstellten Szenarien. Dies umfasst die Analyse der Treibhausgasemissionen, die Berechnung der Einsparpotenziale sowie die Ermittlung möglicher Klimaschutzeffekte. Je höher die Emissionsreduktion im Vergleich zu den Emissionen fossiler Kraftstoffe ausfällt, desto ausgeprägter ist der Effekt.

Umsetzung des Vorgehens

Zur Umsetzung des skizzierten Vorgehens wurde ein technischer Ansatz etabliert, durch den unterschiedliche Funktionalitäten (von der Datenerfassung, -verwaltung, -verarbeitung bis hin zur Aufbereitung und Ausgabe) genutzt und kombiniert werden konnten. Prinzipiell wurde dazu ein Datenbanksystem und ein Geografisches Informationssystem kombiniert angewandt.
Schema zur technischen Umsetzung der Methoden

Schema zur technischen Umsetzung der Methoden im Projekt Eigenkraft Bayern mit verschiedenen Karten und Geoinformationssystemdaten

Bildnachweis: Datenbank von Nimal Raj; Auge von Natalia; Karte von Fraes; Tabelle von Sukjun Kim / thenounproject.com CC BY 3.0

Ergebnisse

1. Kraftstoffbedarf Pflanzenbau und Rinderhaltung
Unter Berücksichtigung aller Kulturen, Anbauverfahren und der Tierhaltung mit Schwerpunkt Rind beträgt der berechnete Bedarf für Bayern im Jahr 2024 insgesamt 399,4 Mio. Liter Dieselkraftstoff. Davon entfallen etwa 75 % auf die Pflanzenproduktion und 25 % auf die Rinderhaltung. Betrachtet man die Anbaufläche, so ergibt sich für die Pflanzenproduktion in Bayern ein durchschnittlicher Dieselbedarf von rund 103 Litern pro Hektar. Die räumliche Verteilung wird vor allem durch den Pflanzenbau geprägt. Die Bedarfe aus der Rinderhaltung wirken sich insbesondere regional aus, z. B. in den südlichen Regierungsbezirken Schwaben, Ober- und Niederbayern sowie der Oberpfalz, da die Tierhaltung dort entsprechend stärker ausgeprägt ist. Demgegenüber zeigt Unterfranken einen eher geringen Dieselkraftstoffbedarf aus der Rinderhaltung.
2. Kraftstoffbedarf nach Kulturen und Arbeitsschwere
Die bayernweite Betrachtung zeigt den Gesamtdieselbedarf der Hauptkulturen und dessen Aufteilung nach Arbeitsschwere. Mit dem höchsten Kraftstoffbedarf fallen Wiesen und Weiden, Getreide inklusive Körnermais sowie Silomais, Feld-/Ackergras auf. Beispielsweise ist zu erkennen, dass Getreide (inklusive Körnermais) und Hackfrüchte einen hohen Kraftstoffbedarf haben, insbesondere im Bereich der schweren Arbeitsverfahren (Anteile > 50 Prozent).

Ein Teil des räumlichen Musters der Kraftstoffbedarfe im Pflanzenbau lässt sich durch die angebauten Kulturen und die regionalen Anbaustrukturen erklären. Ursächlich hierfür sind bestimmte Kulturen mit höheren Arbeitsintensitäten und damit höheren Anteilen schwerer Arbeitsverfahren. Aufgrund der gewählten Methodik wird dieser „Kulturarteneffekt“ durch das Ertragsniveau verstärkt. Verallgemeinernd bedeutet dies, dass vor allem ertragsstarke Ackerbauregionen (wie zum Beispiel die Gäubodenregion und Ackerbauregion im Nordwesten) mit hohen Anbauanteilen dieser arbeitsintensiveren Kulturen auch die höchsten Kraftstoffbedarfe haben (siehe Abbildung c) Schwere Arbeiten).
3. Substitution durch Strom
Die aktuelle Stromproduktion aus der Landwirtschaft beträgt insgesamt 14.220 Mio. kWh, der Bedarf liegt bei 859 Mio. kWh. Die Bedarfsdeckung (Verhältnis zwischen Bestand und Bedarf) aus den drei „landwirtschaftlichen“ Anlagenformen ist räumlich sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die Strombereitstellung durch Dachflächen-PV-Anlagen weist nur geringfügige regionale Defizite auf. Bei Freiflächen-PV und Biogasanlagen gibt es hingegen Gebiete mit einer höheren Anlagenanzahl. Bei der Betrachtung der räumlichen Verteilung fällt auf, dass es zahlreiche bayerische Gemeinden gibt, in denen derzeit noch keine Anlagen vorhanden sind. Insgesamt ergibt sich für die Strombereitstellung eine Fläche von ca. 700 ha, die unterversorgt ist. Diese verteilt sich jedoch auf nur wenige Standorte im Norden und in den Voralpen und Alpen.
4. Substitution durch Pflanzenöl
Die Ölbereitstellung zum Pflanzenölbedarf zeigt für Bayern, dass der Bedarf (62 Mio. Liter) durch den Bestand (167 Mio. Liter) gedeckt werden kann. Die räumliche Analyse zur Pflanzenölbereitstellung weist jedoch deutlich Regionen mit hohem Anbauumfang z.B. auf der Fränkischen Alb und der Mainfränkischen Platten (grün) aus. Auffällig sind aber auch Gebiete (dunkelrote Bereiche), in denen aufgrund der Anbaubedingungen (in den Voralpen, Alpen und im Bayerischen Wald) nur bedingt oder kein Rapsanbau möglich ist. Die Möglichkeiten der Substitution des fossilen Kraftstoffs mit pflanzenölbasierten Kraftstoffen variieren damit deutlich im räumlichen Kontext.

Ein Szenario zur Optimierung der Pflanzenölbereitstellung zeigt eine positive Entwicklung. Dabei ist hervorzuheben, dass dieses Szenario die (I.) die Umverteilung bestehender Ölsaaten (Ausgleich zwischen Überschuss- und Unterversorgungsregionen) im regionalen Kontext und (II.) die Ausweitung der Bereitstellungskapazitäten (Erhöhung der produzierten Mengen) umfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass der Bedarf (62 Mio. Liter) durch Umverteilung aus den Überschussgemeinden in die Gemeinden ohne eigene Versorgung bereits deutlich verbessert werden könnte und eine deutliche Steigerung durch die Ausweitung des Rapsanbaus realisiert werden könnte.
5. Eigenversorgung
Es ist festzuhalten, dass der Grad der (potenziell möglichen) Eigenversorgung Bayerns (durch regional erzeugbare Substitute – Strom, Pflanzenöl und Biomethan) als hoch eingeschätzt werden kann. Verallgemeinert lässt sich sagen: Je leichter die Arbeitsintensität, desto höher der Eigenversorgungsgrad. Leichte Arbeiten werden hauptsächlich durch Strom substituiert. Da es hierbei kaum bis gar keine regionalen Defizite gibt, beträgt der Eigenversorgungsgrad auch in der räumlichen Analyse > 0,95. Die regional differenzierte Bereitstellung von Pflanzenöl führt in den Gebieten der Voralpen, der Alpen und des Bayerischen Waldes bei den mittelschweren und schweren Arbeiten zu geringeren Werten in der Eigenversorgung (0,6 bis 0,7). Die fehlende Zugänglichkeit bzw. die ungenügende Anbindung an ein CNG-Tankstellennetz erzeugt Lücken mit geringeren Werten im Eigenversorgungsgrad (ausgeprägter im westlichen Teil).
6. Treibhausgasemissionen
Auf Basis des berechneten Kraftstoffbedarfs Bayerns von 399,4 Mio. Liter Dieselkraftstoff wurden für das Jahr 2024 Treibhausgasemissionen in Höhe von 1.345.475 t CO2eq berechnet. Durch die Substitution dieser Energiemenge lassen sich diese Emissionen um 78 % auf 298.737 t CO2eq. reduzieren. Das Ausmaß dieses Klimaschutzeffekts ist dabei vom angenommenen Mix der Antriebsoptionen abhängig und ist damit keine konstante Größe. Die Klimaschutzeffekte der Substitution kann ebenfalls räumlich ausgewertet werden. Neben der deutlichen Reduktion der THG-Emissionen sind einzelne „Hotspots“ erkennbar (z. B. südöstlich von Nürnberg und Regensburg), in denen die Emissionen geringfügig höher sind und die Reduktion damit geringer ausfällt. Gründe hierfür sind bestehende Einschränkungen bei der Bereitstellung verfügbarer Alternativen zur Substitution des fossilen Kraftstoffs.

Schlussfolgerung

Das Vorhaben demonstriert, dass ein regionalisiertes Vorgehen zur Bestimmung des Dieselbedarfs, der alternativen Antriebsoptionen sowie zur Auswertung von THG-Emissionen und Klimaschutzeffekte deutliche Vorteile generiert, jedoch einen höheren Aufwand bedeutet und die Ergebnisse anspruchsvoller in der Auswertung und Interpretation sind.

Die Ergebnisse zeigen, dass eine Substitution des fossilen Dieselkraftstoffs für den Betrieb landwirtschaftlicher Maschinen in Höhe von 399 Mio. Litern mit bis zu 59 % in Eigenversorgung erfolgen könnte. Hierzu können Alternativen wie Strom für batterieelektrische Antriebe, Pflanzenölkraftstoff oder Biomethan genutzt werden. Die restlichen 41 % müssten durch industriell erzeugte Antriebsoptionen wie Biodiesel oder paraffinische Kraftstoffe bereitgestellt werden.

Durch die Substitution ließen sich bis zu 78 % der THG-Emissionen reduzieren, was einer Einsparung von ca. 1.046.739 t CO2eq. gegenüber der Nutzung des fossilen Kraftstoffs entsprechen würde. Dies würde jedoch nur dann wirksam werden, wenn anwendbare und konkurrenzfähige Alternativen der Energieversorgung in die Praxis nutzbar wären und die Substitution auch tatsächlich in der Praxis realisiert werden würde.

Für eine erfolgreiche Umsetzung in der Praxis müssten entsprechende Biomassen zur energetischen Verwertung bereitgestellt und Anlagenkapazitäten geschaffen oder umgenutzt werden. Zudem wäre eine gezielte Erweiterung in den Bereichen Förderung, Beratung und Wissenstransfer für die Umsetzung notwendig.

Ein Folgeprojekt mit dem Titel "KlimaKraftBayern" wurde erfolgreich initiiert. Das neue Vorhaben greift identifizierte und offene Fragestellungen des Vorhabens EigenKraftBayern auf, nutzt die Daten- und Informationslage und erweitert sie.

Projektinformationen:
Projekttitel: Eigenversorgung der bayerischen Landwirtschaft mit erneuerbarer Energie für den Einsatz in mobilen Maschinen
Projektleitung: Dr. Norman Siebrecht | Dr. Daniela Dressler
Projektbearbeitung: Janine Mallast
Projektbeginn: 01.11.2024
Projektende: 31.10.2025
Projektfinanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus