Technische Informationen und durchgeführte Untersuchungen
Nutzung von Pflanzenölkraftstoffen in Traktoren

Traktoren fahren an einem Rapsfeld entlang

Das Betriebsverhalten von Pflanzenöltraktoren wurde bisher primär für die Abgasstufen I, II und IIIA untersucht. Am Technologie- und Förderzentrum (TFZ) erfolgt seit mehr als zehn Jahren die Begleitforschung zum Einsatz von pflanzenöltauglichen Traktoren auf staatlichen Versuchsgütern in Bayern. Ein einwandfreies Betriebsverhalten ist bei einzelnen Traktoren mit Pflanzenöltechnik bis ca. 7.000 Betriebsstunden (Bh) dokumentiert, die Erfahrungen reichen dabei von Traktoren der Abgasstufe I bis zu neuen Traktoren der Abgasstufe IV.
In der Tabelle am Ende der Seite sind Vorhaben aufgelistet, die sich mit Forschung und Demonstration von Pflanzenöl als Kraftstoff in Traktoren beschäftigen.

Entwicklung der Einspritztechnik

Zünd- und Verbrennungsverhalten alternativer Kraftstoffe und Kraftstoffmischungen - in der Brennkammer (Bildquelle: KIT-IFKM, Lüft)

Bildquelle: KIT-IFKM, Lüft

Ein Technologiesprung ereignete sich mit der Einführung der Common-Rail-Einspritzung (CR) ab der Abgasstufe IIIA. Die Entwicklung von einer mechanischen Steuerung der Einspritzungsparameter (z. B. Pumpe-Leitung-Düse-Einspritzsystem, kurz PLD) hin zur elektronisch angesteuerten Einspritzung erhöht die Freiheitsgrade bei der Applikation des Motors für neue Kraftstoffvarianten. Bei PLD-Einspritzsystemen kommt es durch die Viskositäts- und Kompressibilitätsunterschiede von Pflanzenölen im Vergleich zu Dieselkraftstoff zu einer früheren Düsenöffnung, was vielfach eine höhere Leistung an der Zapfwelle als im Dieselbetrieb zur Folge hat. Bei Common-Rail-Motoren ist hingegen bei gleichen Motoreinstellungen mit Pflanzenölkraftstoff häufig eine geringere Motorleistung festzustellen als mit Dieselkraftstoff. Grund dafür ist, dass bei einem Common-Rail-System der Kraftstoff nach definierten Vorgaben, unabhängig von der Motordrehzahl und Kurbelwellenposition injiziert wird. Die Einspritzmenge wird primär durch die Bestromungsdauer des Injektoröffnungsventils bestimmt. Im Pflanzenölbetrieb kann der Durchfluss im Injektor geringer sein als mit Dieselkraftstoff, was einen insgesamt geringeren Masseneintrag in den Brennraum verursacht. Der zusätzlich geringere Energiegehalt von Rapsölkraftstoff führt zu einer Minderleistung bis zu 20 %, welche allerdings durch Anpassungen in der Motorsteuersoftware ohne mechanische Eingriffe ausgeglichen werden kann.

Betriebserfahrungen mit Common-Rail-Motoren

Ein rapsölbetriebener Traktor in voller Fahrt
Ein Beleg für die Eignung von CR-Motoren ist die Markteinführung von Rapsöltraktoren der Abgasstufe IIIA durch die Hersteller Fendt und Deutz-Fahr ab 2008. Flottenversuche mit CR-Motoren der Abgasstufe IIIA zeigen die Zuverlässigkeit dieser Einspritztechnologie mit Pflanzenölkraftstoff in Traktoren. Dabei wurden in Summe über 20.000 Bh Gesamtlaufzeit aller Abgasstufe IIIA Traktoren im Feldeinsatz mit wissenschaftlicher Begleitung nachgewiesen.

Strategien zur Emissionsminderung

Zwei Rapsöltraktoren auf einer Wiese
Ab der Abgasstufe IIIB hatte die zunehmende Absenkung der Abgasemissionsgrenzwerte von Partikelmasse (PM) sowie der Stickoxide (NOx) neue Motorgenerationen mit komplexer Abgasnachbehandlung (AGN) zur Folge. Innermotorische Maßnahmen, wie die Optimierung der Einspritzung sowie der Einsatz einer gekühlten Abgasrückführung (AGR) genügten allein nicht mehr, um die Grenzwerte der Abgasstufe IIIB zu erfüllen. Kohlenwasserstoff- (HC) und Kohlenmonoxid-Emissionen (CO) sind größtenteils durch den Einsatz von Oxidationskatalysatoren, unabhängig von Kraftstoff, mit vergleichsweise geringem technischen Aufwand reduziert worden. Die Erfüllung der Abgasstufe IIIB für NOx und PM wurde im Wesentlichen mit zwei unterschiedlichen Strategien zur Emissionsminderung auch für Pflanzenöltraktoren ermöglicht:

Einsatz eines SCR-Katalysators

Ein rapsöltauglicher Traktor steht vor einem Rapsfeld
Einige Hersteller bevorzugen eine Motoroptimierung mit einer vorwiegend partikelmassearmen Verbrennung, was jedoch die Entstehung von NOx-Emissionen begünstigen kann. Die NOx-Konzentration wird nachgelagert im Abgasstrang mittels der selektiven katalytischen Reduktion in einem Katalysator mit zudosierter wässriger Harnstofflösung (SCR-System) gemindert. Der Katalysator arbeitet erst ab Betriebstemperaturen deutlich über 200 °C optimal, was höhere NOx-Emissionen im Kaltstart zur Folge haben kann. Im Langzeitbetrieb können thermische Alterung, Verschmutzung oder Katalysatorgifte die reaktive Schicht und somit die Umsetzrate beeinträchtigen. Pflanzenöltraktoren mit einem SCR-System der Abgasstufe IIIB zeigen bisher auch noch nach mehreren hundert Betriebsstunden eine effektive Senkung der NOx-Konzentration im Abgas.

Einsatz eines Partikelfilters

Die Oberfläche eines Dieselpartikelfilters in einer Nahaufnahme
Eine andere Strategie zur Umsetzung der Abgasstufe IIIB ist der Einsatz einer gekühlten Abgasrückführung (AGR) in Kombination mit einem Dieselpartikelfilter (DPF). Je nach Betriebspunkt kann die AGR die NOx-Emissionen durch Absenkung des Sauerstoffanteils und der Verbrennungstemperatur im Brennraum reduzieren. Der dadurch tendenziell begünstigte höhere Ausstoß an Verbrennungsgaspartikeln wird durch den DPF abgeschieden. Dieser muss je nach Beladungszustand kontinuierlich oder in Intervallen von mehreren hundert Betriebsstunden regeneriert werden, da sonst der Druckverlust durch den Filter die Motorleistung drosselt. Üblicherweise erfolgt diese thermische Reinigung bei hohen Abgastemperaturen von 550 bis 650 °C, welche im täglichen Fahrzeugbetrieb nur mit einer zusätzlich dosierten Dieselkraftstoffmenge in den Brennraum oder in das Abgas erreicht werden können. Pflanzenölkraftstoff ist aufgrund der physikalischen Eigenschaften nur bedingt zur Kraftstoffnacheinspritzung nutzbar. Der Pflanzenölruß kann im Gegensatz zu Dieselruß bereits ab Abgastemperaturen von 315 °C oxidieren und einem zunehmenden Druckverlust im Filter entgegenwirken, was eine passive Regeneration ohne aktive Temperaturanhebung ermöglichen kann. Dabei soll ein Fließgleichgewicht von abgeschiedener und oxidierender Pflanzenölrußmenge im DPF erreicht werden. Ein dem Dieselpartikelfilter vorgeschalteter Dieseloxidationskatalysator (DOC) wandelt einen Teil des Stickstoffmonoxids (NO) des Abgases zu Stickstoffdioxid (NO2) um, was die Oxidation des Pflanzenölrußes zusätzlich begünstigt. Das Prinzip der passiven Regeneration kommt bereits bei Pflanzenöltraktoren der Abgasstufe IIIB mit DPF zum Einsatz. Erste Feldteststunden zeigen eine gute Funktion des Konzepts.
Für die meisten Traktoren der Abgasstufe IV wird nach derzeitigem Kenntnisstand der Einsatz sowohl des SCR-System als auch des Partikelfilters notwendig sein, um die gesetzlichen Grenzwerte erfüllen zu können.

Abgasstufe IV

Der PraxTrak-Schlepper fährt mit reinem Rapsöl
Der Landmaschinenhersteller John Deere hat eigene Entwicklungen mit dem Ziel, pflanzenöltaugliche Traktoren der Abgasstufe IV serienreif anbieten zu können erprobt. Die Arbeiten, an denen auch das TFZ beteiligt war, wurden von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Geltende Emissionsgrenzwerte konnten bei wiederkehrenden Messungen am Motoren- und Traktorenprüfstand eingehalten und teils deutlich unterschritten werden. Der Einsatz unterschiedlicher Pflanzenöle zeigte auch im Feldtest eine gute Kompatibilität mit verschiedenen Abgasnachbehandlungskonzepten und dem Hoch- und Niederdruckkraftstoff- sowie Schmiersystem moderner Abgasstufe IV Pflanzenöltraktoren.
Im Jahr 2015 sind Pflanzenöltraktoren verschiedener Leistungsklassen der Hersteller John Deere und AGCO Fendt (über die BayWa AG) bis zur aktuellen Abgasstufe IV am Markt erhältlich.

Quelle:

Ettl, J.; Thuneke, K.; Emberger, P.; Remmele, E. (2015): Stand der Technik pflanzenöltauglicher Traktoren. Technische Informationen und durchgeführte Untersuchungen