Dr. Bernhard Widmann wird 60
von Monika Schneider-Stranninger / Straubinger Tagblatt

Ein Redner steht an einem Pult und spricht. Zoombild vorhanden

Dr. Bernhard Widmann bei der KoNaRo-Vortragsreihe.

Da lebt einer, was er predigt

Er gehört nicht zur Kategorie jener Menschen, die Wasser predigen und Wein trinken. Als energie-geladener Verfechter und Vorantreiber einer Energiewende ist er nicht nur von Berufswegen unermüdlich. Er fährt jeden Tag, zu jeder Jahreszeit und Wetterlage mit dem Fahrrad zur Arbeit. Nur wenn es mal doch zu heftig kommt, steigt er nicht etwa aufs Auto, sondern auf den ÖPNV um. Dr. Bernhard Widmann leitet seit 20 Jahren das Technologie- und Förderzentrum, eine der drei Säulen des Kompetenzzentrums für nachwachsende Rohstoffe. Speziell Widmann hat einiges dazu beigetragen, dass in Straubing funktioniert, was der legendäre einstige Messedirektor in Straubings Partnerstadt Wels, Franz Prummer, immer als Erfolg seiner Marketingbemühungen genannt hat: Einen Welser kann man um drei Uhr nachts wecken und er frohlockt sofort „Welser Messe“. Ein Straubinger frohlockt nach 20 Jahren didaktischer Bemühungen des TFZ (und seiner Schwester in Geiste mit zugegeben klingenderem Namen CARMEN) bestimmt unmittelbar nach „Gäubodenvolksfest“ das sperrige Wort Kompetenzzentrum für Nachwachsende Rohstoffe, kurz KoNaRo.

Am heutigen Freitag wird Bernhard Widmann 60 Jahre jung. „Ein ganz kleiner Zeitungsartikel“ hat vor 37 Jahren das Interesse des gebürtigen Münchners für Nachwachsende Rohstoffe geweckt. Dass er einmal in einer eigenständigen Institution der angewandten Forschung und Förderung Nachwachsender Rohstoffe tätig sein wird, hat er damals freilich nicht ahnen können. Heute ist das Thema Klimawandel und die Tatsache, dass wir nur eine Erde haben, aber mit ihr so umgehen, als hätten wir noch drei weitere in der Vorratskammer, in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Widmann arbeitet voller Elan daran, dass es nicht bei der bitteren Erkenntnis bleibt, sondern bestenfalls jeder Einzelne in der Summe wirksame Konsequenzen zieht. Mit Beginn seiner Tätigkeit in Straubing hat er die Stadt auch zu seinem privaten Lebensmittelpunkt gemacht und ist mit Ehefrau Doris und den beiden Kindern hierher gezogen. Er hat Straubing nie als Provinznest empfunden, in dem man zwangsläufig arbeitet, sich aber nicht vorstellen kann, auch hier zu leben und sogar gut zu leben. Als Schlauchbootfahrer in hiesigen Gewässern, Wanderer, Schafkopfer und Theater am Hagen-Besucher. Als unangefochten etablierter Kapitän des ambitionierten Stadtradel-Teams des KoNaRo. Widmann gehört einfach zur sympathischen Spezies des gelernten Straubingers. Er ist schnell gut Freund mit den lokalen Gepflogenheiten geworden, zum Beispiel dass man täglich einmal aufs Gäubodenvolksfest geht, wenn denn coronabedingt eines stattfinden kann.

Er hat sich, als Sänger, Gitarrist und Kontrabassist ausgesprochen musikalisch, mit seiner Frau, die in Straubing als Lehrerin arbeitet und sich vielfältig sozial engagiert, dem Kammerchor angeschlossen. Beide waren schon Ensemblemitglieder bei denkwürdigen Aufführungen von Open-Air-Opern an der Reitertreppe im Herzogschloss, bei der Carmina Burana und bei den großen Festkonzerten des Kammerchors sowieso. Beide sind auch in der Pfarrgemeinde St. Stephan, Alburg, aktiv. Widmann ist im besten Sinn ein Lobbyist für Nachwachsende Rohstoffe, die, das wird er nicht müde zu betonen, keine neue Erfindung sind. Bis zum Beginn des Erdölzeitalters sei Energie aus pflanzlicher Biomasse ganz natürlicher Bestandteil der Landnutzung gewesen. Bioenergie könne als Chance auch für Entwicklungsländer verstanden werden und sei nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Sein Credo: „Die Zukunft liegt in der Pflanze.“

Bernhard Widmann studierte Agrarwissenschaften an der TU München-Weihenstephan und schloss als Diplom-Agraringenieur ab. 1994 promovierte er „summa cum laude“ am Institut für Landtechnik der TU München und wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Bayerischen Landesanstalt für Landtechnik in Freising Weihenstephan. Er war damals Mitarbeiter von Dr. Arno Strehler, dem Ur-Vater der Forschung um Nachwachsende Rohstoffe. In Straubing war er seit 1998 am Aufbau des KoNaRo federführend beteiligt. Mehrmals hatte er das Amt des Sprechers des Kompetenzzentrums inne, das zwischen den Säulen-Leitern rolliert. Er forscht mittlerweile seit rund 35 Jahren an nachwachsenden Rohstoffen, betreute viele Diplom- und Doktorarbeiten, ist Autor von Hunderten wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen, vielgefragter Referent und Mitglied zum Beispiel im Straubinger Nachhaltigkeitsbeirat.

Wie ein Geburtstagsgeschenk darf er empfinden, wenn in wenigen Wochen sieben (!) Jahre nach dem Spatenstich und mehrfach verschoben das Mitmach- und Zukunfts- Museum Nawareum an der Schulgasse eröffnet, das dem TFZ organisatorisch zugeordnet ist. Widmann, ein fesselnder Rhetoriker, dabei ausgesprochen humorvoll, hat sich auch beim Festival Utopia eingebracht. Er gilt überdies als unglaublich detailreicher Kenner der Entwicklung des KoNaRo-Areals an der Schulgasse. Bei allem Detailreichtum seines Wissens schafft er, das große Ganze nie aus den Augen zu verlieren. Kein Wunder bei seinem ausgeprägt guten Netzwerk. Fast überflüssig zu betonen, dass er seinem Team ein überaus menschlicher, nahbarer Chef ist, einer mit Bodenhaftung. Und in seiner jüngsten Rolle als Opa einer Enkelin eine nicht minder brillante Figur macht denn als Hobby-Schreiner und -Drechsler. Sein größtes Kunststück würden ihm gerne viele nachmachen: Wie er trotz vollgepackten Terminkalenders nie die Balance verliert. Diese beneidenswerte Balance wünschen wir ihm weiterhin.

Quelle: Straubinger Tagblatt, 20.01.2023